Eine Revolution im Datenmanagement landwirtschaftlicher Maschinen
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Eine Revolution im Datenmanagement landwirtschaftlicher Maschinen

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Wird der Data Act 2025 den agrartechnischen Sektor grundlegend verändern? Dieser Beitrag beleuchtet die zentralen Merkmale eines neuen technologischen Standards, der die Rechte und Pflichten rund um die Daten landwirtschaftlicher Maschinen sowohl für Hersteller als auch für Anwender neu definieren könnte.
Es nennt sich Data Act, und bisher kennen nur wenige das, was man durchaus als ein echtes Ökosystem für den Zugriff auf und die Verwaltung von Agrardaten bezeichnen kann. Dabei ist die Verordnung bereits am 12. September 2025offiziell in Kraft getreten – unter der Bezeichnung EU-Verordnung 2023/2854 – und sie dürfte eine neue Ära im Umgang mit Daten einläuten, die von vernetzten landwirtschaftlichen Maschinen erzeugt werden. Im Kern verpflichtet die Verordnung die Hersteller dazu, sicherzustellen, dass Landwirte Zugriff auf ihre Felddaten erhalten und diese portabel, also übertragbar und nutzbar machen können. Ziel ist es, Transparenz und Interoperabilität zwischen verschiedenen digitalen Systemen zu fördern. Das Hauptziel besteht darin, einen faireren Datenmarkt zu schaffen, in dem Landwirte und Lohnunternehmer die von landwirtschaftlichen Maschinen erfassten Informationen nutzen können, um Effizienz, Produktivität und Nachhaltigkeitihrer Betriebe zu verbessern. Natürlich ist der Data Act nicht nur eine regulatorische Verpflichtung – er ist auch eine strategische Chance für die gesamte Branche. Betriebe, die frühzeitig auf konforme Lösungen setzen, können sich einen Wettbewerbsvorteil sichern, indem sie Abläufe optimieren und den Wert ihrer Dienstleistungen steigern. Für Hersteller bedeutet die Verordnung sowohl technologische als auch organisatorische Anpassungen. Gleichzeitig öffnet sie jedoch die Tür zu neuen Geschäftsmodellen, die auf der sicheren und transparenten Weitergabe von Daten basieren.
Wer ist verpflichtet – und für welche Daten?
Die Verordnung unterscheidet klar zwischen Dateninhabern, Datennutzern und Datenempfängern. Dateninhaber – in der Regel Maschinenhersteller oder Drittanbieter – kontrollieren die Daten, die während der Nutzung der Maschine erzeugt werden. Sie sind dafür verantwortlich, die Qualität, Sicherheit und Verfügbarkeit dieser Daten für autorisierte Nutzer zu gewährleisten. Nutzer, wie Landwirte und Lohnunternehmer, haben das Recht, auf die von der Maschine generierten Daten zuzugreifen. Empfänger sind jene Stellen, die vom Nutzer bestimmt werden, um die Daten zu erhalten, darunter Managementsoftware, Agronomieberater oder öffentliche Behörden. Unter den Anwendungsbereich des Data Act fallen Rohdaten, die automatisch von der Maschine erfasst werden, vorverarbeitete Daten, die lesbar und interpretierbar sind, Metadaten, die Kontext zu den gesammelten Informationen liefern, sowie dienstbezogene Daten, die durch Anwendungen oder digitale Dienste im Zusammenhang mit der Maschine erzeugt werden. Ausgenommen bleiben Daten, die aus komplexen proprietären Algorithmen abgeleitet sind und das geschützte Know-how der Hersteller darstellen.
Welche Zugangsrechte gibt es – und wo liegen die Grenzen?
Die Verordnung legt fest, dass Nutzer das Recht haben, auf alle Informationen zuzugreifen, die in der Maschine, in der Cloud oder im Flight Recorder gespeichert sind – unabhängig davon, ob ein Display an Bord vorhanden ist oder nicht. Dieser Zugang ermöglicht es Landwirten, den Zustand ihrer Maschinen zu überwachen, Wartungen zu planen und Feldarbeiten zu optimieren. Der Zugang ist jedoch nicht unbegrenzt. Daten, die nicht in der Cloud gespeichert sind, Daten, die über Aftermarket-Telematik-Kits erfasst werden, die nicht vom OEM kontrolliert werden, sowie Daten, die aus komplexen proprietären Algorithmen abgeleitet werden, bleiben im Eigentum des Herstellers. Dieses Gleichgewicht zwischen Transparenz und Schutz des geistigen Eigentums stellt sicher, dass Nutzer ihre Daten kontrollieren können, ohne die technologische Innovationsfähigkeit der Hersteller zu beeinträchtigen. Nutzer können standardisierte Fehlermeldungen, Betriebsdaten und Telemetrie einsehen, während diagnostische Algorithmen, die auf proprietärem Know-how basieren, ausgeschlossen bleiben. Auf diese Weise können Betreiber ihre täglichen Aufgaben optimieren, ohne in die Systemsicherheit oder in industrielle Schutzrechte einzugreifen.
Pflichten für Hersteller und Händler
Hersteller müssen sicherstellen, dass Daten portabel, interoperabel und in standardisierten, lesbaren Formaten verfügbar sind, wie etwa ISOXML oder gängigen Cloud-Plattformen. Sie müssen vorvertragliche Transparenz gewährleisten, missbräuchliche Klauseln vermeiden und den Nutzern technischen Support für die Datenübermittlung bieten. Diese Verpflichtungen gelten nicht nur für neue Maschinen, die nach September 2025 auf den Markt kommen, sondern auch für bestehende Verträge, die bis 2027 aktualisiert werden müssen, um unfaire Klauseln zu entfernen. Händler und unabhängige Reparaturbetriebe übernehmen ergänzende Rollen. Sie können nur dann als Datenhalter fungieren, wenn sie auf Informationen zugreifen, die sonst nicht zugänglich wären, etwa Daten aus einem Black-Box-System der Maschine. In den meisten Fällen handeln sie jedoch als Datenempfänger und erhalten Daten vom Hersteller, um Wartungs- oder Diagnoseleistungen zu erbringen und gleichzeitig die Betriebskonformität sowie die Systemsicherheit zu gewährleisten.
Landwirte und Lohnunternehmer: Rechte und Verantwortlichkeiten
Landwirte und Lohnunternehmer haben das Recht auf kostenlosen Zugriff auf die Daten vernetzter Maschinen – sowohl auf personenbezogene als auch auf nicht-personenbezogene Daten. Personenbezogene Daten dürfen nur dann weitergegeben werden, wenn es unbedingt erforderlich ist; wann immer möglich sollen Anonymisierungsmaßnahmen angewendet werden. Landwirte können Hersteller nicht daran hindern, die Daten für Wartungs- und Entwicklungszwecke zu nutzen, behalten jedoch die Kontrolle über deren Übertragung und Nutzung. Lohnunternehmer, die die Daten nicht selbst erzeugen, werden dennoch zu Datennutzern und haben das Recht, auf diese Daten zuzugreifen, um Arbeiten auf fremden Flächen zu organisieren und durchzuführen. Die Verordnung enthält zudem freiwillige Leitlinien, wie etwa den EU-Verhaltenskodex für die gemeinsame Nutzung landwirtschaftlicher Daten, der bewährte Praktiken zwischen Herstellern, Landwirten und Lohnunternehmern definiert.
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Zwei unbestreitbare Vorteile: Standardisierung und Interoperabilität
Der Data Act fördert die Entwicklung allgemeiner Standards durch CEN und CENELEC, ergänzt durch branchenspezifische, vertikale Standards für die Agrartechnik. Ziel ist es, die Kompatibilität zwischen Maschinen unterschiedlicher Marken, Cloud-Plattformen und Managementsystemen sicherzustellen und so ein integriertes und sicheres Datenökosystem zu schaffen. Standardisierung ermöglicht Vergleiche, prädiktive Analysen, Anbauplanung und ein effizientes Flottenmanagement, was die Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit des europäischen Agrarsektors verbessert.
Wie stellt sich die Situation in Europa dar?
In westeuropäischen Ländern wie Frankreich, Deutschland, den Niederlanden und Spanien verfügen die Betriebe bereits über fortschrittliche digitale Infrastrukturen, was die Umsetzung des Data Act erleichtert. Die Einführung von Cloud-Plattformen und integrierten Managementsystemen ermöglicht einen schnellen und sicheren Datenzugang und erleichtert die Zusammenarbeit zwischen Herstellern, Landwirten und Dienstleistern. In osteuropäischen Ländern, darunter Rumänien und Ungarn, befindet sich die landwirtschaftliche Digitalisierung noch im Aufbau. Viele Betriebe führen zwar vernetzte Maschinen ein, doch Cloud-Infrastrukturen und interoperable Standards sind weniger verbreitet. Die Einhaltung der neuen Vorgaben erfordert Investitionen in Technologie, Schulungen für Mitarbeitende und Aktualisierungen der IT-Systeme – was sowohl eine Herausforderung als auch eine Chance darstellt, den Sektor zu modernisieren.
Wirtschaftliche Auswirkungen und Chancen sind noch nicht vollständig absehbar
Die Umsetzung des Data Act bringt für Hersteller und Händler zunächst Kosten mit sich – etwa für Softwareentwicklung, Systemaktualisierungen und Schulungen des Personals. Gleichzeitig fördert die Verordnung jedoch die Entstehung neuer digitaler Dienstleistungen, erhöht Transparenz und Vertrauen der Nutzer und eröffnet innovative Geschäftsmodelle auf Basis einer intelligenten Datennutzung. Landwirte und Lohnunternehmer können präzisere Informationen gewinnen, um Bestände, Wartung und Flottenmanagement zu optimieren – was sowohl Rentabilität als auch Nachhaltigkeit verbessert. Die Verordnung schreibt keine spezifischen technischen Methoden für die Datenübertragung vor, verlangt jedoch Qualität, Lesbarkeit, Kompatibilität und rechtzeitige Bereitstellung. Nutzer können Daten über APIs, Cloud-Plattformen oder den direkten Export aus den Herstellersystemen erhalten. Wenn mehrere Datenhalter existieren, muss der Nutzer mit jedem einzelnen zusammenarbeiten und dabei vertragliche Vorgaben, Sicherheitsanforderungen und Betriebsgeheimnisse beachten. Für Datenübertragungen in Nicht-EU-Länder sind Schutzmaßnahmen notwendig, um unbefugten Zugriff zu verhindern und die Einhaltung europäischer Vorschriften sicherzustellen. Die Weitergabe kann direkt aus der herstellereigenen Cloud oder über spezifische rechtliche Vereinbarungen erfolgen, die Datenflüsse regeln und eine konforme Nutzung gewährleisten. Die Umsetzung des Data Act erfordert zweifellos technologische Investitionen, Aktualisierungen der Managementsysteme und die Schulung der Bediener. Die größten Herausforderungen betreffen Interoperabilität, Datensicherheit und vertragliche Compliance. Dennoch eröffnet die Verordnung erhebliche Perspektiven: eine integrierte digitale Landwirtschaft, prädiktive Werkzeuge zur Verbesserung von Erträgen und zur Reduzierung von Verlusten, innovative Dienstleistungen der Hersteller sowie mehr Vertrauen zwischen Betrieben und Dienstleistern. Der europäische Agrarsektor bereitet sich auf eine neue Standardisierung des gesamten Datenmanagementsystems vor. Daten werden damit zu einem strategischen Gut – einem zentralen Baustein für technologisches Wachstum und Nachhaltigkeit, der die Art und Weise, wie landwirtschaftliche Maschinen und das gesamte Produktionsökosystem gesteuert werden, weiter transformiert.
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